Magda

Über Herkunft, Erinnerung und Zuhause

Mein Name ist Magda. Seit 2004 lebe ich in Deutschland. In Kolumbien habe ich Schauspiel studiert, und obwohl ich hier als Performerin arbeite, träume ich davon, in beiden Ländern tätig zu sein. Als ich 2004 nach Deutschland kam, hatte ich nur einen Koffer und eine Harfe dabei. Die Harfe wurde auf der Reise beschädigt, aber sie hat überlebt. Ich habe sie immer noch.

Ich bin in einem Haus auf dem Land geboren, weit und breit gab es nichts außer uns. Das Haus stand auf Pfählen, weil der Fluss Meta oft über die Ufer trat. Wenn das Wasser zu hoch stieg, mussten wir alles mitnehmen: Hühner, Schweine, Hunde – und zu unseren Großeltern fahren. Unter dem Haus spielten mein Bruder und ich im Sand, aßen Mangos. Früchte sind ein wichtiger Teil meiner Kindheit – wir haben Orangen so geschält, dass die Schale ganz blieb, als wäre es ein Spiel.

Fremdsein und Verlust

Da, wo wir lebten, gab es keine Schule. Als ich fünf war, musste ich nach Bogotá zur Tante. Die Stadt war fremd, das Klima anders. Unsere Eltern sahen wir nur in den Ferien. Gleichzeitig wurde meine Oma krank. Ich erinnere mich, wie wir zur Beerdigung fuhren und meine Eltern trafen – nach Wochen zum ersten Mal.

Grenzen und Bürokratie

Als Teenager begann ich zu verstehen, dass Grenzen nicht nur geographisch sind. Der amerikanische Traum war präsent, aber nicht erreichbar. Ein Visum war teuer und schwer zu bekommen. Später erlebte ich die deutsche Bürokratie: Ich erhielt einen Brief, in dem stand, dass ich das Land in vier Wochen verlassen müsse. Ich musste kämpfen, um bleiben zu dürfen.

Selbst heute, mit unbefristetem Aufenthalt, gibt es Unsicherheiten. Wenn ich länger als sechs Monate außerhalb Deutschlands bin, verliere ich meinen Aufenthaltstitel. Ich musste sogar unterschreiben, dass mein Aufenthaltstitel verfällt, falls mein Mann und ich uns innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt trennen. Obwohl wir damals schon seit Jahren verheiratet waren. Vertrauen seitens der Behörden? Der Verdacht auf Betrug schwingt immer mit. Man fühlt sich ständig geprüft, als wäre das eigene Wort nichts wert.

Bürokratie ist für mich wie ein riesiger Bär. Groß, schwerfällig, unberechenbar. Er schläft manchmal, aber wenn er aufwacht, ist er nicht zu ignorieren.

Was bedeutet Staatsbürgerschaft?

Für mich ist es ein absurdes Konzept. Staatsbürgerschaft definiert, wie du behandelt wirst, wo du hinreisen kannst – und hängt doch nur vom Zufall der Geburt ab. Ich musste bei jeder Aufenthaltserneuerung in Deutschland eine Liste terroristischer Organisationen unterschreiben und bestätigen, dass ich mit keiner von diesen Organisationen Kontakt habe. Meine Nationalität bestimmte, ob ich verdächtig bin.

Es gibt Länder, in denen man sich Staatsbürgerschaft kaufen kann. Wer Geld hat, bekommt Papiere. Wer keines hat, kämpft ein Leben lang um einen Stempel.

Ein Pass ohne Grenzen – was wäre anders?

Ich würde als Erstes nach Kolumbien reisen, ohne Angst, meinen Aufenthalt zu verlieren. Vielleicht ein Jahr lang, mit dem Wissen, dass ich zurückkehren kann.

Ein Zuhause schaffen

Für mich bedeutet Zuhause, einen Ort selbst gestalten zu können. Es ist nicht nur ein Raum, sondern ein Gefühl. Ein Zuhause kann von mehreren Menschen gemeinsam geschaffen werden. Es ist nicht nur eine Adresse, sondern Zugehörigkeit.

Momentan lebe ich auf einem kleinen Dachboden. Ich habe mich daran gewöhnt, aber für mich bedeutet Zuhause etwas anderes: ein Ort, an dem Familie und Freunde einfach vorbeikommen, wo es ein großes Essen gibt, Begegnung an erster Stelle steht. Mein jetziges Zuhause ist zum Schlafen, Arbeiten, Kochen. Aber es ist kein sozialer Ort. Und das fehlt mir.